#1 Neue Regeln für digitale Produkte
Am 1. Januar 2022 treten umfangreiche Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in Kraft. Seit Jahrzehnten hinkt das Verbraucherrecht besonders den Realitäten im digitalen Bereich hinterher. Hier will das Recht nun nachbessern.
Ab dem 1. Januar unterscheidet das (Verbrauchsgüter-)Kaufrecht zwischen drei Arten von Waren bzw. Produkten:
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digitale Produkte: dient als Überbegriff für digitale Inhalte (Computer-Programme, Video-, Audio- und Musikdateien) und digitale Dienstleistungen (Social-Media- und Messenger-Dienste, Plattformen oder Datenbanken)
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Waren mit digitalen Elementen: Darunter fallen Produkte, die nicht mehr vollständig funktionieren, wenn Software oder digitale Funktionen ausfallen. Das umfasst z. B. sämtlich Smart-Geräte – Smartphones, Smartwatches, Smart-TVs, Smart Home-Elemente – aber inzwischen auch Saugroboter, Türklingeln, Thermostate oder E-Bikes.
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analoge Waren
Käufer:innen von digitalen Produkten haben künftig ein Recht auf Aktualisierungen, welche für die Nutzung dieser digitalen Produkte notwendig sind, wie etwa Sicherheitsupdates.
Auch spannend für den Kauf von digitalen Produkten ist folgende Neuerung: Ein Kaufvertrag über digitale Produkte liegt auch dann vor, wenn die Gegenleistung die „digitale Darstellung eines Werts“ ist oder wenn Sie als Verbraucher:in personenbezogene Daten zur Verfügung stellen. Damit werden Kryptowährungen und Daten erstmals als Entgelt berücksichtigt. Daten als Gegenleistung für eine Nutzung kennt man vorwiegend aus dem Bereich der sozialen Netzwerke.
#2: Neuer Sachmangelbegriff
Nicht nur im digitalen Bereich sollen Verbraucher:innen stärker unterstützt werden, sondern generell. Als eine Maßnahme zur Erreichung dieses Ziels ist die Einführung eines neuen Sachmangelbegriffs. Dieser gilt für alle drei Kategorien von Waren, also unabhängig davon, ob sie digitale Funktionen beinhalten oder nicht.
Ein Produkt ist künftig dann frei von Mängeln, wenn gleichzeitig subjektive und objektive Anforderungen sowie Montageanforderungen erfüllt sind. Bislang reichte es, wenn die gekaufte Ware den Vereinbarungen zwischen Verbraucher:in und Unternehmen entsprach. Neu ist, dass die gekauften Sachen objektiven Kriterien genügen, also sich für eine gewöhnliche Verwendung eignen müssen. Außerdem müssen die Waren eine branchen- und produktübliche Beschaffenheit aufweisen, die Sie als Verbraucher:in erwarten können.
#3 Gewährleistungsregelung
Sie möchten für ein mangelhaftes Produkt Gewährleistungsansprüche geltend machen? Auch das soll nun erheblich erleichtert werden. Ab dem 1. Januar reicht es, wenn Sie den Mangel mitteilen. Dadurch setzt sich automatisch eine angemessene Frist zur Nacherfüllung in Gang. Das heißt, ein weiteres ausdrückliches Verlangen auf Nacherfüllung – also auf Ersatzlieferung oder Reparatur – ist nicht mehr notwendig.
Ebenso ändern sich einige Verjährungsfristen zugunsten von Verbraucher:innen. Bei Waren mit digitalen Elementen verjähren Gewährleistungsansprüche erst 2 Monate nach dem erstmaligen Auftreten eines Mangels.
#4 Roaming-Gebühren
Diese Regelung besteht zwar bereits, wird aber nun um 10 weitere Jahre verlängert: der EU-weite Wegfall von Roaming-Gebühren. Sie können also wie gehabt im Urlaub zu den gleichen Kosten telefonieren und SMS schreiben und im Internet nach der schönsten Strandbar, der nächsten Apotheke oder dem günstigsten Restaurant suchen wie zu Hause.
Die populäre Regelung besteht seit dem 15. Juni 2017 in den 27 EU-Staaten und in Island, Liechtenstein und Norwegen und wäre ohne Verlängerung im Juni 2022 ausgelaufen. Des Weiteren haben sich die Unterhändler der EU-Länder und das EU-Parlament darauf geeinigt, dass Verbraucher:innen auch im Ausland die gleiche Qualität der Dienste zur Verfügung stehen muss.
#5 Informationspflichten für Online-Marktplätze
Etwas später im kommenden Jahr, ab dem 28. Mai 2022, treten außerdem umfangreiche Informationspflichten für Online-Marktplätze, wie Amazon oder Ebay, in Kraft. Diese sollen für mehr Transparenz sorgen. Unter die erweiterten Pflichten für Bestellungen über das Internet, E-Mail oder per Telefon fallen u. a. folgende Regelungen:
- Die Märkte müssen Verbraucher:innen über die Gewichtung für das Ranking von Suchergebnissen ihrer Produkte informieren.
- Dies betrifft zentrale Kriterien für eine Kaufentscheidung, wie etwa
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das Datum der Einstellung des Angebots,
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die Produktbewertung und
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Provisionen und Entgelte.
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Die Online-Marktplätze müssen Sie künftig darüber aufklären, welche Vorkehrungen getroffen wurden, um die Echtheit von Bewertungen zu überprüfen.
Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu 50.000 Euro oder bis zu 4 % des Jahresumsatzes.
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