Gericht verurteilt Rechtsschutzversicherer zur Kostenübernahme

Rechtsschutzversicherte, die das Risiko als Mieter oder Eigentümer der selbst genutzten Wohnung mit versichert haben (§§ 28 oder 29 ARB), können auch dann Leistungen des Versicherers beanspruchen, wenn sie ihre Wohnung nur gelegentlich nutzen. Nach einem jüngsten Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz (OLG) kommt es dabei auf den tatsächlichen Lebensmittelpunkt nicht an.

Der Fall

Im Versicherungsvertrag war u. a. der Wohnungs- und Grundstücks-Rechtsschutz für eine selbst bewohnte Wohneinheit eingeschlossen. Der Versicherer verweigerte jedoch die Leistung, weil der Versicherungsnehmer seit Jahren überwiegend bei seiner Lebensgefährtin wohnte. Versicherungsschutz für eine selbst bewohnte Wohneinheit bestehe nur, wenn diese den Lebensmittelpunkt des Versicherungsnehmers darstelle, so der Versicherer. Der Versicherungsnehmer wandte ein, dass im Versicherungsvertrag eine solche Bedingung nicht erwähnt sei.

Die Entscheidung

Das OLG Koblenz gab der Klage des Versicherten auf Leistung in zweiter Instanz statt. Zunächst stellte es fest, dass der Versicherungsschutz nicht auf das Haus der Lebensgefährtin des Klägers übergegangen ist. Ein Übergang des Versicherungsvertrages auf ein anderes Objekt erfolgt nur dann, wenn der Versicherte umzieht – in eine gemietete oder eigene Immobilie.
Weiter führte das OLG aus: Da der Kläger weiterhin Eigentümer der im Verscherungsschein bezeichneten Wohnung sei, sei er somit auch weiter den Haftungsrisiken ausgesetzt, die mit Rechtsstreitigkeiten verbunden sein können. Es könne auch sein, dass er seine Versicherung in Anspruch nehmen müsse, weil er wegen Streitigkeiten um das Wohneigentum selber Ansprüche gegenüber Dritten geltend machen wolle. Der Kläger habe die Wohnung weder aufgegeben noch vermietet. Sie werde von ihm, wenn auch unregelmäßig, genutzt.
Und schließlich biete der Wortlaut der dem Vertrag zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen keine Anhaltspunkte für die Leistungsverweigerung des Versicherers. Deshalb wurde dieser verurteilt, dem Kläger Versicherungsschutz zu gewähren.

Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 27. Juli 2012, Az.: 10 U 103/12

Kommentar

Grundsätzlich sind Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherter sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen kann und muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherten ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. So hat dies der Bundesgerichtshof (BGH) für alle Versicherungsangelegenheiten entschieden. Und insofern lag in diesem Fall der Versicherte völlig richtig, wenn er dem Versicherer vorhielt, er finde keinen Anhaltspunkt für die Leistungsverweigerung in seinem Vertrag. Typisch die Reaktion des Versicherers: Er ließ sich von dem berechtigten Einwand nicht beeindrucken und ließ es auf einen Rechtsstreit ankommen. Erst Anwälte konnten dem Versicherungsnehmer hier schließlich zu seinem Recht verhelfen.