Auch Jahre nach dem Aufdecken des Dieselskandals geht die Betrügerei von VW weiter. Das umstrittene „Thermofenster” reguliert die Abgasreinigung und ist notwendig und legal laut VW und dem KBA. Das Landgericht München hat in einem Urteil vom 31. März 2020 nun alle Argumente von VW dazu entkräftet (3 O 13321/19).
VW legt Vorgaben zum Thermofenster falsch aus
Das LG München hat Volkswagen aufgrund „vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung” Ende März 2020 zu Schadensersatz und Rücknahme eines VW-Multivans T6 verurteilt. Soweit nicht viel neues, doch die Brisanz des Urteils liegt in der Bewertung des sogenannten „Thermofensters”. Das Thermofenster ist in den meisten Dieselfahrzeugen eingebaut – so auch im Auto der Klägerin – und dient der Abgasreinigung. Das Fenster legt fest, innerhalb welches Rahmens diese funktioniert. Abgeschaltet ist die Abgasreinigung unter Temperaturen von -15 Grad Celsius und über +42 Grad Celsius. Laut VW & Co. eine notwendige und legale Vorrichtung.
Doch wie das Gericht feststellt: Die Abgasreinigung wird bereits bei höheren Außentemperaturen als 5 Grad Celsius zurückgefahren. In ihrem verbraucherfreundlichen Urteil positioniert sich das LG eindeutig: „Dass eine solche Abschalteinrichtung für den EU-Gesetzgeber erkennbar nicht als legal gelten sollte, liegt auf der Hand.”
Der Grund dafür? Die Jahresdurchschnittstemperaturen in vielen europäischen Städten liegen so, dass die Reinigungsvorrichtung in der meisten Zeit nicht angeschaltet ist. Damit kann sich VW nicht länger herausreden, dass es sich nur um eine Ausnahme handelt. Vielmehr ist das temperaturbasierte Abschalten der Abgasreinigung schon längst Dauerbetrieb geworden. VWs Argument, es würde sich um notwendige Ausnahmen handeln, ist daher entkräftet.
Der VW-Konzern konnte nicht überzeugend darlegen, dass die Thermofenstertechnologie zwingend notwendig wäre, um den Motor vor Beschädigungen zu schützen. Auch konnte er nicht zeigen, dass es keine anderen technischen Lösungen für dieses Problem gäbe. Er behauptet nach wie vor, dass seine Abschalteinrichtung den europäischen Vorgaben zum Thermofenster entsprechen. Dem widerspricht das LG eindeutig.
EuGH erklärt das „Thermofenster“ als unzulässige Abschalteinrichtung
Die Richter des Europäischen Gerichtshof (EuGH) haben am 17. Dezember 2020 entschieden, dass das in Dieselfahrzeugen verbaute "Thermofenster" eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt und Hersteller die Zulassung massenhaft erschlichen haben. Diesel-Fahrern steht dadurch grundsätzlich ein angemessener Schadensersatz zu.
Der Irrweg des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA)
Mit ihrem Urteil stellt sich das LG München auch klar gegen die Linie des KBA. Diese halten das Thermofenster, wie auch der VW-Konzern, für legal und notwendig. Zwar unterliegt der T6 seit Januar 2020 einem offiziellen Rückruf durch das KBA. Maximal vage lautete der Rückruftext „Konformitätsabweichung“ und keine Spur von einem Hinweis auf manipulierte Abgasrückführung. Betroffen waren rund 8.700 Bullis T5 und T6 in Deutschland. Doch viel getan hat sich seitdem nicht und viele VW Kunden fühlen sich im Regen stehen gelassen.
Die vorsätzliche Schädigung im konkreten Fall führte dazu, dass VW verpflichtet ist, den T6 zurückzunehmen, den Kaufpreis zu erstatten und die Klägerin von Verbindlichkeiten aus dem Darlehensvertrag freizustellen. Sollte das Verfahren in die nächsthöhere Instanz gehen, wollen die Klägeranwälte auch noch die abgezogene Nutzungsgebühr verhandeln.
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