Urlaubsansprüche gingen nie verloren
Das BAG fällte am 20. Dezember 2022 ein Urteil, welches grundsätzlich jede:n Arbeitnehmer:in in Deutschland betrifft. Konkret beantworteten die Richter:innen folgende Grundfragen:
- Wann verjähren Urlaubsansprüche?
- Welche Ansprüche bestehen bei langwieriger Krankheit?
Über den Ausgang des Verfahrens darf sich nun prinzipiell jede:r Arbeitnehmer:in in Deutschland freuen. Denn die zuständigen Richter:innen stellten eindeutig fest, dass Resturlaub nicht mehr automatisch verfallen darf (Az. 9 AZR 266/20). Eine Verjährung bzw. der Verfall von Resturlaub kommt nur dann infrage, wenn der Arbeitgeber seine:n Arbeitnehmer:in auch rechtzeitig auf den Verfall des Urlaubs hinweist. Diese Hinweispflicht gilt im Übrigen auch dann, wenn der/die Arbeitnehmer:in länger erkrankt ist und nur einen Teil des Jahresurlaubs nehmen konnte. Bislang wurde die Rechtsprechung so ausgelegt, dass bei einer langwierigen Krankheit Urlaubsansprüche spätestens nach 15 Monaten verfallen.
Heißt im Umkehrschluss: Wenn Sie als Arbeitnehmer:in in der Vergangenheit nicht auf den Verfall Ihres Urlaubs aufmerksam gemacht wurden, sind diese Urlaubsansprüche nie verjährt. Ihr:e Arbeitgeber:in muss Sie demnach für die nicht genommenen Urlaubstage entschädigen – auch nach vielen Jahren.
Steuerfachangestellte aus NRW sorgte für das Hammer-Urteil
Geklagt hatte eine Frau aus NRW, die von November 1996 bis einschließlich 2017 als Steuerfachangestellte in einer Kanzlei arbeitete. Sie gab an, über die ganzen Jahre insgesamt 101 Urlaubstage angesammelt zu haben. Hierfür und für das ausgebliebene Weihnachtsgeld forderte Sie einen finanziellen Ausgleich von insgesamt 23.092 Euro. Der Arbeitgeber verwehrte jedoch die Auszahlung und berief sich auf die allgemein geltende Verjährungsfrist von drei Jahren.
Um die Verjährungsfrage ein für alle Mal zu klären, legte das BAG den Fall dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Entscheidungsfindung vor. Die zuständigen Richter:innen stellten daraufhin bereits im September 2022 fest, dass Arbeitgeber auf den Verfall der Urlaubstage hinweisen müssen. Das Bundesarbeitsgericht hat dieses EuGH-Urteil nun auf nationaler Ebene umgesetzt. Die Klägerin darf sich jetzt über eine Auszahlung in Höhe von 23.092 Euro freuen.