BGH gegen Mercedes-Benz: Kommt jetzt die erhoffte Wende?

Kommt jetzt die lang ersehnte Wende im Mercedes-Benz-Abgasskandal? Jüngste Entwicklungen lassen zumindest drauf schließen: Der Bundesgerichthof (BGH) stellt sich in gleich zwei Beschlüssen auf die Seite der Verbraucher und gegen den Autokonzern.

Oberlandesgerichte verletzten „An­spruch auf recht­liches Ge­hör“

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in gleich zwei Mercedes-Benz Fällen beschlossen, dass die Ansprüche der Kläger:innen auf „rechtliches Gehör“ verletzt worden sind (Az. VII ZR 720/21 und Az. VII ZR 733/21). Die Rechtsstreits wurden zur neuen Verhandlung und Entscheidung an die Oberlandesgerichte (OLG) zurückverwiesen.

Jetzt sind die Vorinstanzen – das OLG Hamm und Oldenburg – erneut am Zug und müssen aufgrund der verbraucherfreundlichen Beschlüsse des BGH eine neue, entsprechende Entscheidung treffen.

Verletzung des Anspruchs auf recht­liches G­ehör – was ist das?

Gerichte sind dazu verpflichtet, beide Parteien anzuhören und die jeweiligen Vorträge bei der Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Wenn die Gerichte gegen dieses Gebot verstoßen, liegt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor.

In beiden Fällen war der BGH der Meinung, dass die Oberlandesgerichte den Vortrag der Kläger:innen darüber, dass im Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut sei, unbeachtet ließen. Dabei lagen hinreichende Anhaltspunkte vor, die auf eine Manipulation schließen lassen. Neben ausführlichen Medienberichten, stellen insbesondere die Rückrufe des Kraftfahrt-Bundesamtes ein ausreichendes Indiz für einen Betrug dar.

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Der Betrug darf nicht bei den Kläger:innen ge­sucht werden…

Was der BGH ebenfalls klarstellte, war der Punkt, dass nähere Einzelheiten zu den Manipulationen beim Klägervortrag nicht erforderlich seien. Von Laien darf nicht erwartet werden, dass sie im Einzelnen darlegen,

  • weshalb von dem Vorhandensein einer oder mehrerer Abschalteinrichtungen auszugehen ist

  • und wie diese konkret funktionieren.

Die Richter:innen des BGH sehen vielmehr die Notwendigkeit beim Autobauer, die technischen Einzelheiten darzulegen und zu beweisen, dass eben keine Manipulation vorliegt.

Vor allem Mercedes-Benz hat es in der Vergangenheit öfter geschafft, sich aus der Verantwortung ziehen. Doch mit den ewigen Ausreden und Hinhaltetechniken dürfte es bald vorbei sein.

Die Beschlüsse des BGH zeigen, dass eine grundlegende Änderung in der Rechtauffassung des BGH stattgefunden hat. Für betrogene Autofahrer:innen kann das nur eine Verbesserung der Erfolgschancen auf Schadensersatz bedeuten.

SEBASTIAN SCHLOTE

RECHTSANWALT & EXPERTE IM DIESELSKANDAL

Wann mit den Urteilen der Oberlandesgerichte zu rechnen ist, steht noch aus. Möglicherweise werden die zuständigen Richter:innen ein lang ersehntes Grundsatzurteil des EuGH abwarten.

Um welche Mercedes-Benz-Modelle handelt es sich?

Beschluss vom 20. April 2022, Az. VII ZR 720/21: Der Kläger kaufte im März 2014 einen gebrauchten Mercedes-Benz GLK 220 GDI BE 4M der Schadstoffklasse Euro 5. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor des Typs OM 651 ausgestattet und von einem verpflichtenden Rückruf durch das Kraftfahrt
Bundesamt (KBA) betroffen. Gegenstandswert: bis 40.000 Euro.

Beschluss vom 4. Mai 2022, Az. VII ZR 733/21: Der Kläger erwarb im Januar 2016 einen Mercedes-Benz GLK 220 GDI 4MATIC der Schadstoffklasse Euro 5. Im vorliegenden Fall war streitig, ob das Fahrzeug von einem verpflichtenden Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) betroffen war. Ein Software-Update wurde jedoch auf das Fahrzeug des Klägers aufgespielt. Gegenstandswert: bis zu 30.000 Euro.

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