Werden in der Unfallversicherung Meldefristen nicht eingehalten, verliert der Versicherte seinen Anspruch auf die Invaliditätsleistung.
Meldefristen in der Unfallversicherung
Der Versicherte muss zunächst innerhalb von 12 Monaten seinem Versicherer den Unfall melden. Innerhalb von 15 Monaten (gerechnet vom Unfall an) muss die Invalidität von einem Arzt schriftlich festgestellt werden und gegenüber dem Versicherer geltend gemacht werden. Werden diese Fristen versäumt bzw. überschritten, kann der Versicherer die Leistung verweigern.
Unser Fall
Unser Mandant erlitt im Juni 2009 einen Unfall, der zu einer dauerhaften Schädigung seines linken Knies führte. Nach mehreren Operationen wurde in einem Gutachten vom Februar 2010 bei ihm eine Invalidität i.H.v. 20 % festgestellt. Im Mai 2010 beantragte er daraufhin die Invaliditätsleistung bei seinem Versicherer. Der Versicherer unterließ die Übersendung eines Formulars für die ärztliche Feststellung der Invalidität. Erst nach Aufforderung schickte ihm der Versicherer dann ein Formular, das der Arzt im Februar 2011 dem Versicherer zurücksandte.
Der Versicherer lehnte die Leistung mit der Begründung ab, die 15-Monats-Frist sei bereits im September 2010 abgelaufen. Unser Mandant ließ dem Versicherer nunmehr das Gutachten vom Februar 2010 zukommen. Der Versicherer beharrte jedoch auf seiner Entscheidung, weil das Gutachten nicht zwischen dem 12. und dem 15. Monat nach dem Unfall erstellt und zu spät eingereicht worden sei. Kurzum: Fristversäumnis. Die Versicherungssumme unseres Mandanten beträgt ca. 600.000 Euro.
Unser Rechtsstandpunkt
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) muss die ärztliche Feststellung der Invalidität nicht innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall beim Versicherer eingehen, sondern das Gutachten muss in diesem Zeitraum erstellt werden. Zur Wahrung der gesetzlichen Frist reicht es aus, wenn die Feststellung der unfallbedingten Invalidität innerhalb der Frist in den Krankenunterlagen des Arztes vermerkt ist. Grundsätzlich dürfen an die Feststellung der Invalidität keine übermäßig hohen Anforderungen gestellt werden. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung muss das Gutachten sich auch nicht abschließend zu einem bestimmten Invaliditätsgrad äußern. Die Feststellung der Unfallbedingtheit eines bestimmten Dauerschadens braucht noch nicht einmal richtig zu sein und dem Versicherer auch nicht innerhalb der Frist zuzugehen, sofern sie nur fristgerecht getroffen worden ist.
Die Position des Versicherers ist aus unserer Sicht nicht haltbar.
Der Kommentar
Immer wieder suchen uns Versicherte auf, deren Versicherer die Zahlung der Entschädigungen mit rechtlich unhaltbaren Begründungen zu vermeiden suchen. Das ist besonders auffällig dann der Fall, wenn es um die Zahlung hoher Versicherungsleistungen geht. Da die Versicherten in der Regel nicht über die notwendigen Fachkenntnisse verfügen, haben die Versicherer durchaus Erfolg mit ihrer Strategie „Bestreiten, Hinhalten, Verweigern“. Man baut offensichtlich darauf, dass der geschädigte Unfallversicherte, der durch seine Invalidität zumeist ohnehin schon geschwächt ist, irgendwann resignierend aufgibt. In solchen Fällen empfehlen wir, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, um die geschuldeten Leistungen erfolgreich geltend zu machen.