Der Bundesgerichtshof hat in einem jüngsten Urteil festgestellt, dass die Verletzung der in einem Gewerberaummietvertrag vereinbarten Konkurrenzschutzklausel durch den Vermieter einen Mietmangel darstellt, der zur Minderung der Miete führen kann.
Der Fall
Ein Facharzt für Orthopädie schloss im April 2002 einen Mietvertrag über Räume in der „Praxisklinik“ zur Nutzung als „Arztpraxis für die Fachdisziplin Orthopädie (Prävention, Erkennung und Behandlung von angeborenen und erworbenen Formveränderungen und Funktionsstörungen, Erkrankungen, Verletzungen und Verletzungsfolgen der Stütz- und Bewegungsorgane und die Rehabilitation)“. Gemäß der Vorbemerkung des Mietvertrages beabsichtigte er operative Eingriffe in dem dafür vorgesehenen OP-Zentrum durchzuführen.
Im Mietvertrag heißt es zum Konkurrenzschutz:
„Der Vermieter gewährt für die Fachrichtung Orthopädie und den Schwerpunkt Chirotherapie des Mieters Konkurrenzschutz im Projekt, ausgenommen ist die Traumatologie für Kinder und Jugendliche und die Chirotherapie Kinder und Jugendlicher. Der Vermieter kann an einen Arzt derselben Fachdisziplin mit demselben Schwerpunkt, die bereits im Projekt vertreten ist, nur dann eine Vermietung an einen solchen Kollegen vornehmen, wenn der Mieter sein Einverständnis hierzu schriftlich erklärt hat. …“
Im Sommer 2003 schloss die Vermieterin mit einem Facharzt für Chirurgie einen Mietvertrag über Räume im selben Haus zur Nutzung als Arztpraxis für die Fachdisziplin Chirurgie/Unfallchirurgie, in den ein Jahr später ein Facharzt für Chirurgie mit Schwerpunktbezeichnung „Unfallchirurgie“ als weiterer Mieter eintrat. Die Gemeinschaftspraxis bezeichnet sich im Internet als Schwerpunktpraxis für Arthroskopie und Gelenkchirurgie. Sie führt u.a. operative und nicht operative Behandlungen an den Stütz- und Bewegungsorganen durch. Darüber hinaus ist sie auf dem Gebiet der Unfallchirurgie tätig.
Der Orthopäde sah in „operativen und nicht operativen Behandlungen an den Stütz- und Bewegungsorganen“ ein Konkurrenzproblem. Außerdem umfasse die Konkurrenzschutzklausel die Traumatologie für Erwachsene, weshalb insoweit auch ein Konkurrenzverhältnis zu der von der Gemeinschaftspraxis angebotenen Unfallchirurgie bestehe.
Schließlich klagte er auf Beseitigung der Konkurrenzsituation und Unterlassung der Vermietung weiterer Räumlichkeiten an die Gemeinschaftspraxis. Ferner begehrte er Feststellung, dass die Miete wegen der bestehenden Konkurrenzsituation um 50 % der Warmmiete gemindert ist und verlangte Rückzahlung der infolge der Minderung überzahlten Miete für die Zeit von August 2005 bis September 2007 nebst Zinsen, hilfsweise Schadensersatz in dieser Höhe für den ihm durch die Konkurrenz entgangenen Gewinn.
Die Entscheidung
Der Bundesgerichtshof gab den Orthopäden überwiegend Recht.
Die Gemeinschaftspraxis sei in Bereichen tätig ist, für die ihm die Vermieterin Konkurrenzschutz gewährt habe.
Die Auslegung der Klausel ergebe den Schutz des Orthopäden vor künftiger Konkurrenz auf dem Gebiet der operativen und nichtoperativen Behandlungen an den Stütz- und Bewegungsorganen, somit auch auf dem dem Fachbereich der Orthopädie zuzuordnenden Gebiet der orthopädischen Chirurgie durch einen Facharzt für Chirurgie.
Nur dem hilfsweise geltend gemachten Ersatz des Schadens, der dem Orthopäden durch den Verstoß der Vermieterin gegen die vertragliche Pflicht zum Schutz vor Konkurrenz entstanden sei, wurde nicht stattgegeben, da er nicht schlüssig vorgetragen habe, dass ihm dieser Schaden entstanden sei.
Ein Mangel der Mietsache, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebe oder mindere, führe zur Befreiung von der Miete bzw. zu deren Herabsetzung. Dazu gehörten auch Störungen, die außerhalb der Mietsache liegen. Der Senat sehe in der Verletzung der Konkurrenzschutzpflicht einen Mangel der Mietsache.
Neben dem Vorliegen eines Mangels setze Mietminderung voraus, dass dadurch der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache mehr als nur unerheblich beeinträchtigt werde. Ob und ggf. in welcher Höhe der Anspruch auf Feststellung der Minderung der Miete und der Anspruch auf Rückzahlung der überzahlten Miete begründet sei, hänge davon ab, in welchem Umfang das Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung durch das Bestehen der Konkurrenzsituation gestört ist.
Die Vermieterin ist gemäß der Mietvertragsklausel verpflichtet, diese Konkurrenzsituation zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu beseitigen. Sie ist weiter verpflichtet, es zu unterlassen, die bestehende Konkurrenzsituation dadurch zu verstärken, dass sie weitere Räume an die Konkurrenten vermietet, ohne den Konkurrenzschutz des Klägers wiederherzustellen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 10. Oktober 2012, Az.: XII ZR 117/10