Immobilienkredit: Darlehensnehmer dürfen bei Kündigung von der Bank nicht über die wahre Rechtslage getäuscht werden

Das Amtsgericht München hat in einem jüngsten Urteil klargestellt, dass eine Bank bei Kündigung des Darlehensvertrages durch ihren Kunden bei ihm nicht den Irrtum erwecken darf, dass er sich nur mit ihrer Zustimmung aus dem Vertrag lösen könne. Sollte der Kunde einen solchen Eindruck bekommen, dann kann es sich um eine arglistige Täuschung der Bank handeln.

Der Fall

Ein Ehepaar hatte bei seiner Bank im Jahre 2008 einen Darlehensvertrag über 105.000 € mit einer Zinsbindung bis zum 31.1.2019 zur Finanzierung einer Immobilie geschlossen. Im Jahr 2010  kündigte es den Vertrag vorzeitig, weil die Immobilie aufgrund eines Umzugs verkauft werden sollte.
Die Bank schrieb daraufhin Folgendes zurück: „Mit der von Ihnen gewünschten außerplanmäßigen Rückzahlung sind wir grundsätzlich einverstanden, soweit uns der dadurch entstehende Schaden ersetzt wird. Den Schaden haben wir entsprechend den Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung ermittelt und in der beigefügten Rückzahlungsaufstellung ausgewiesen. Bitte senden Sie uns innerhalb von zehn Tagen ab Datum dieses Schreibens eine vollständig unterzeichnete Ausfertigung der ebenfalls beigefügten Vereinbarung zurück.“
Dem Schreiben lag eine Vereinbarung über die Rückzahlung des Darlehens und die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung (VFE) bei, das das Ehepaar unterschrieben zurücksandte. Für die Berechnung der VFE sollten die Wiederanlagerenditen zum 6.10.2010 maßgebend sein, wenn der Rückzahlungsbetrag bis 29.12.2010 beglichen sei. So forderte die Bank 16.465,95 € VFE nebst 200 € Bearbeitungsgebühren.
Am 3.12.2010 zahlte das Paar 119.764,50 € für das Darlehen, die VFE und weiterer Kosten und Zinsen zurück. Die Bank hatte – wie vereinbart – die VFE mit dem Zinsniveau vom 6.10.2010 berechnet und nicht mit den Renditen am Rückzahlungstag. Im März 2010 informierte die Verbraucherzentrale das Ehepaar darüber, dass es 4.687,35 Euro zu viel bezahlt habe, weil für die Berechnung der VFE der Tag der tatsächlichen Rückzahlung üblicherweise maßgeblich sei. Daraufhin ließ das Ehepaar am 30.7.2012 die Rückzahlungsvereinbarung anfechten und verlangte die zu viel bezahlte Summe zurück. Die Bank weigerte sich mit der Begründung, dass die Vereinbarung wirksam sei und keine Anfechtungsgründe bestünden. So kam es schließlich zur Klage.

Die Entscheidung

Das Gericht verurteilte die Bank auf Rückzahlung der 4.687,35 €, weil die Vereinbarung wegen arglistiger Täuschung des Ehepaars durch die Bank wirksam angefochten worden sei.
Die Begründung: Mit dem Schreiben vom 18.10.2010 habe die Bank mitgeteilt, dass sie nur dann mit der vorzeitigen Vertragsauflösung einverstanden sei, wenn die Darlehensnehmer die Vereinbarung über die VFE unterschreiben. So wären die Darlehensnehmer irrtümlich davon ausgegangen, dass sie sich nur mit Zustimmung der Bank von dem Vertrag lösen könnten. Die tatsächliche Rechtslage lässt aber eine einseitige Vertragsbeendigung zu (§ 490 Abs. 2 BGB). Aus diesem Grund stelle das Verhalten der Bank eine Täuschung iSv § 123 BGB dar.

Amtsgericht München, Urteil vom 10.09.2014, Az.: 262 C 15455/13

Kommentar

Das Urteil ist nicht nur hinsichtlich seiner konsequenten Argumentation bemerkenswert, sondern auch wegen seiner Relevanz für vergleichbare Fälle. Denn die oben zitierte Passage ist eine typische Antwort der Kreditinstitute bei einer Darlehenskündigung ihrer Kunden. Hier kommt es nicht darauf an, ob die Bank ihren Kunden bewusst täuschen will (Vorsatz), sondern einzig und allein, ob sie den Eindruck einer Rechtslage erweckt, die den Verbraucher davon abhält, seine Rechte wahrzunehmen. Wie dieser Fall zeigt, können in einem solchen Fall Ansprüche geltend gemacht werden.