Wird einem erkrankten Versicherten während der Karenzzeit einer Krankentagegeld-Versicherung die Arbeit gekündigt, so muss der Versicherer dennoch leisten.
Der Fall
Der spätere Kläger, Vorstand einer Bank, hatte eine Krankentagegeld-Versicherung mit einem Tagessatz von 225 Euro ab dem 43. Tag einer Arbeitsunfähigkeit abgeschlossen. Im Jahre 2003 wurde gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Geldwäsche eingeleitet, worüber auch die Medien berichteten. Daraufhin stellte ihn sein Arbeitgeber von der Arbeit frei. Wenig später wurde er wegen Depressionen krankgeschrieben.
Der Arbeitgeber kündigte dann das Arbeitsverhältnis während der laufenden Karenzzeit. Anfänglich zahlte der Versicherer ein Krankentagegeld. Mit Hinweis darauf, dass der Versicherte berufsunfähig geworden und wegen der Kündigung bedingungsgemäß ohnehin nicht mehr versicherungsfähig sei, stellte er aber alsbald die Zahlungen ein.
Der Versicherer machte in dem Rechtsstreit ersatzweise geltend, dass der Versicherte trotz seiner Depressionen dazu in der Lage sei, zumindest teilweise seine bisherigen Aufgaben erfüllen zu können. Daher bestehe auch deshalb kein weiterer Leistungsanspruch.
Die Entscheidung
Das Gericht gab der Klage des Versicherten auf die weitere Zahlung des Krankentagegeldes bis zu seiner inzwischen eingetretenen Genesung in vollem Umfang statt.
Nach einer Beweisaufnahme waren die Richter davon überzeugt, dass der Versicherte während seiner Krankschreibung arbeitsunfähig im Sinne der Versicherungs-Bedingungen war und daher seine Tätigkeit als Bankvorstand nicht mehr ausüben konnte.
Die Sachverständigen attestierten, dass das Ermittlungsverfahren und der Verlust der herausgehobenen beruflichen Stellung zu einer länger währenden Depression führten. Der Versicherte konnte in dieser Zeit nicht einmal einfachste Dinge im Haushalt erledigen oder ein Buch lesen. Oft sei er tagelang nicht aus dem Haus gegangen.
Am Ende kamen die Richter zu dem Ergebnis, dass das Versicherungsverhältnis weder wegen des Eintritts einer Berufsunfähigkeit noch wegen Wegfalls der Versicherungsfähigkeit beendet wurde. Der Versicherer musste deshalb mehr als 90.000 Euro an den Versicherten zahlen.
Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 24.11.2010, Az.: 5 U 160/07
Kommentar
Es erstaunt schon, wenn Versicherungen mit allen Mitteln versuchen, sich von ihrer Leistungspflicht zu befreien. Besonders makaber ist dies – wie im vorliegenden Fall -, wenn der Versicherte auf Grund seiner Erkrankung gar nicht in der Lage ist, sich zu wehren. Nur mit Hilfe eines Anwaltes ist es dann möglich, zu seinem Recht zu kommen. Und das ist hier gelungen. Die Richter ließen das „Totschlagargument“ des Versicherers nicht gelten, der Versicherte sei auf Grund der Kündigung gar nicht mehr versicherbar gewesen und habe deswegen auch keinen Anspruch auf Zahlung von Krankentagegeld. Denn zur Kündigung kam es erst, nachdem der Versicherte bereits krankgeschrieben worden war. Darum merke: Wird einem Versicherten während einer Arbeitsunfähigkeit gekündigt, so führt das grundsätzlich nicht zum Erlöschen der Versicherungsfähigkeit. Und das selbst dann nicht, wenn das Krankentagegeld wegen einer laufenden Karenzzeit noch nicht gezahlt wurde.