Das Landgericht Darmstadt hat entschieden, dass bei der Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung das Sondertilgungsrecht des Darlehensnehmers zu berücksichtigen ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob dieser auch tatsächlich die finanziellen Mittel für eine Sondertilgung zur Verfügung gehabt hätte.
Vorfälligkeitsentschädigung: Vorzeitige Kündigung kann teuer werden
Banken und Sparkassen lassen sich eine vorzeitige Tilgung eines Immobilienkredits meist teuer und oft zu Unrecht bezahlen. So sind Vorfälligkeitsentschädigungen immer eine erhebliche Belastung für Kreditnehmer. Oft ist in Kreditverträgen Sondertilgung durch den Verbraucher vorgesehen. Wenn Kreditnehmer finanzielle Mittel übrig haben, können sie mit einer Sondertilgung zusätzliche Tilgungen bei ihrem Immobilienkredit vornehmen, sodass der Kredit schneller abbezahlt wird. Allerdings soll dann auch die Summe der Vorfälligkeitsentschädigung kleiner ausfallen, wenn im Vertrag eine Regelung über Sondertilgungen vorgesehen ist – so wurde jetzt entschieden.
Der Fall: Hohe Vorfälligkeitsentschädigung trotz Sondertilgungsrecht
Der Darlehensnehmer wurde bei vorzeitiger Ablösung seines Immobiliendarlehens mit einer erheblichen Vorfälligkeitsentschädigung seitens des Kreditinstitutes konfrontiert. Und das, obwohl der Darlehensvertrag die Möglichkeit von Sondertilgungen vorsah. Gegen die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung wandte er sich mit einer Klage, da das Sondertilgungsrecht von der Bank keine Beachtung fand.
Die Entscheidung: Sondertilgung ist bei Vorfälligkeitsentschädigung zu berücksichtigen
Die Klage hatte Erfolg. Das Landgericht Darmstadt kam in seinem Urteil zu dem Ergebnis, dass das Sondertilgungsrecht des Darlehensnehmers bei der Berechnung der Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung zu berücksichtigen ist. Der Darlehensnehmer habe deshalb gegenüber dem Kreditinstitut einen Anspruch in Höhe des überzahlten Betrages aus ungerechtfertigter Bereicherung. Aus diesem Grund müsse die Vorfälligkeitsentschädigung neu berechnet werden. Zur streitigen Höhe führte das Gericht aus: Bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung sei auf die Gesamtdauer der rechtlich geschützten Zinserwartung abzustellen. Es müsse auf den vertraglich vereinbarten Tilgungsverlauf abgestellt werden. Berücksichtigung finden müsse, dass während der Laufzeit monatlich neben Zins- auch Tilgungsleistungen erbracht werden, welche die zu verzinsende Darlehenssumme reduzieren. Zugunsten des Darlehensnehmers sei die abstrakte Möglichkeit der jährlichen Sondertilgung des Darlehens in die Berechnung der Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung einzubeziehen, ohne dass es auf die konkrete wirtschaftliche Situation des Darlehensnehmers ankommt.
Landgericht Darmstadt , Urteil vom 23. August 2006, Az.: 25 S 43/06
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Der Kommentar zu Vorfälligkeitsentschädigung und Sondertilgungsrecht
Dieses Urteil nützt allen Darlehensnehmern von Immobilienkrediten, die in ihren Verträgen Sondertilgungsmöglichkeiten vereinbart haben, bei der Begrenzung der Zahlung einer hohen Vorfälligkeitsentschädigung. Das ist im Übrigen nicht zuletzt auch deshalb recht und billig, da die Darlehensnehmer für die Gewährung von Sondertilgungsrechten meist mit nicht unerheblichen Zinsaufschlägen belastet werden.
Die Nichtberücksichtigung eines vertraglich vereinbarten Sondertilgungsrechts bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung hat deshalb neben dem Landgericht Darmstadt auch das Landgericht Heidelberg mit Urteil vom 13. Februar 2006, Az: 1 O 219/05, beanstandet. Nach letzterem Urteil können sogar nicht wahrgenommene Sondertilgungen aus der Vergangenheit bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung angerechnet werden, wenn durch die Sondertilgungsklausel nicht ausgeschlossen wird, dass nicht ausgeübte Sondertilgungen nicht später nachgeholt werden können.