VW Abgasskandal Verjährung – Wie lange gibt’s Schadensersatz?
- Ansprüche auf materiellen Schadensersatz können nicht zeitlich unbegrenzt durchgesetzt werden.
- Die übliche Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und startet mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.
- Nach einem neuen juristischen Ansatz, verjähren Ansprüche gegebenenfalls auch erst nach 10 Jahren.
Inhalt:
- Sind Ansprüche für VW-Diesel mit EA189-Motor bereits regulär verjährt?
- Gibt es Ansprüche gegen VW im Abgasskandal mit einer Verjährungsfrist von 10 Jahren?
- Was bedeutet der Restschadensersatzanspruch für die Verjährung von Ansprüchen gegen VW im Abgasskandal?
- Wer kann von der 10-jährigen Verjährung von Ansprüchen gegen VW im Abgasskandal profitieren?
- Bei welchen Dieselmodellen ist die Verjährung von Ansprüchen gegen VW im Abgasskandal noch nicht eingetreten?
- Welche gerichtlichen Urteile stützen die Verjährung nach 10 Jahren bei Verfahren gegen VW im Abgasskandal?
Sind Ansprüche für VW-Diesel mit EA189-Motor bereits regulär verjährt?
Ansprüche auf materiellen Schadensersatz können nicht zeitlich unbegrenzt durchgesetzt werden. Das gilt auch für die betroffenen Dieselfahrzeuge im Abgasskandal. Die übliche Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und startet mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Im Abgasskandal ist für den Anfang der Verjährungsfrist zudem relevant, wann Betroffene tatsächlich davon erfuhren, dass ihr Diesel manipuliert war.
Besonders der letzte Punkt gab immer wieder Anlass für Auseinandersetzungen – kann man von der für Verjährung relevanten Kenntnis ab dem Eintreffen eines Rückrufschreibens sprechen? Oder zählen Medienberichte und Aktionärsbenachrichtigungen? Für viele Besitzer:innen von VW mit dem EA189-Motor war die dreijährige Verjährungsfrist aber spätestens zum Ende des Jahres 2019 abgelaufen. Aus juristischer Perspektive erlischt der Anspruch zwar nicht. Aber ein beklagter Autohersteller kann z.B. eine Zahlung verweigern, wenn er sich auf die Verjährung beruft.
Am 13. Juli 2021 hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein Verfahren eröffnet, in welchem abschließend geklärt werden soll, ob Klagen im Abgasskandal gegen VW 2019 oder 2020 noch möglich waren.
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Gibt es Ansprüche gegen VW im Abgasskandal mit einer Verjährungsfrist von 10 Jahren?
Die reguläre dreijährige Verjährungsfrist für Klagen gegen VW ist in vielen Fällen also bereits abgelaufen. Doch was viele Betroffene nicht wissen, ist, dass ihnen in einigen Fällen immer noch Schadensersatz zusteht. Die juristische Grundlage dafür findet sich im Bereicherungsrecht und dem Paragraf § 852 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Darin wird der sogenannte „Restschadensersatzanspruch“ beschrieben, der aus einer unerlaubten Handlung resultiert. Die Verjährung tritt in solchen Fällen erst nach zehn Jahren ein:
Hat der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an, […].
Was bedeutet der Restschadensersatzanspruch für die Verjährung von Ansprüchen gegen VW im Abgasskandal?
Welche Rolle spielt nun der Restschadensersatzanspruch? Dem § 852 zufolge müssen zwei Voraussetzungen gegeben sein: eine unerlaubte Handlung und die Verjährung der Ansprüche. Sind beide erfüllt, darf die „ungerechtfertigte Bereicherung” abgeschöpft werden. Der Grundgedanke dabei ist, dass sich VW durch den Betrug an seinen Kund:innen unrechtmäßig bereicherte. Diese „Früchte” des Betrugs – die ungerechtfertigte Bereicherung – sollte VW nicht behalten dürfen.
Beide Bedingungen sind im Abgasskandal bei VW erfüllt: Während der ersten Welle des Abgasskandals zum Betrugsmotor EA189 versuchte VW zwar so lange wie möglich eine rechtliche Aufklärung der Situation – ein Urteil des obersten deutschen Gerichts – zu verhindern. Aber das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) im Mai 2020 setzte dem ein Ende. Den Richter:innen zufolge hatte VW seine Kund:innen durch den Einbau einer illegalen Abschalteinrichtung vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt. Betrogenen Kund:innen steht deshalb bei Rückgabe des Fahrzeuges Anspruch auf die Rückerstattung des Kaufpreises nebst Zinsen zu.
Das Urteil kam allerdings für einige zu spät. So stand der Anspruch auf Schadensersatz zwar fest, doch viele Ansprüche waren verjährt. Sowohl die mediale Berichterstattung um den Dieselskandal 2015 als auch ein von VW zur Verfügung gestellter digitaler FIN-Check (Fahrzeug-Identifizierungsnummer) zur Betroffenheit der Fahrzeuge wurden häufig als der Zeitpunkt angesehen, ab dem Betroffene Kenntnis von den Manipulationen hatten. Ab diesem Zeitpunkt fing die regelmäßige Verjährungsfrist an, zu laufen. Diese endete in vielen Fällen zum Ende des Jahres 2018, spätestens aber zum Ende 2019, je nachdem in welchem Jahr die Betroffenen Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen nahmen.
Mit dem BGH-Urteil und der Verjährung sind die Voraussetzungen für den Restschadensersatzanspruch aber nun erfüllt. Das bedeutet, Betroffene können ihren Anspruch darauf zehn Jahre ab Kaufvertragsabschluss geltend machen.
Wer kann von der 10-jährigen Verjährung von Ansprüchen gegen VW im Abgasskandal profitieren?
Wer folgende drei Bedingungen erfüllt, hat gute Aussichten, für sein Dieselfahrzeug mit EA189 noch Schadensersatz einfordern zu können:
Bedingung 1: Sie haben Ihren Diesel vor nicht länger als 10 Jahren gekauft, also nicht vor 2011.
Bedingung 2: Ihr Kaufvertrag wurde nicht nach der Ad-hoc-Mitteilung von VW an seine Aktionäre im September 2015 abgeschlossen.
Bedingung 3: Sie haben bislang noch keine Entschädigung von Volkswagen erhalten.
Rund 1,3 Millionen Betroffenen mit dem EA189-Motor steht damit noch Schadensersatz für einen abgeschlossenen Kaufvertrag in diesem Zeitraum zu.
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Bei welchen Dieselmodellen ist die Verjährung von Ansprüchen gegen VW im Abgasskandal noch nicht eingetreten?
Rund 1,3 Mio. Betroffene haben gemäß des Restschadensersatzanspruches die Möglichkeit, gegen VW 10 Jahre nach Kauf vorzugehen. Folgende Modelle können – entsprechend dem Abschlussdatum des Kaufvertrags – noch bis zum Jahr 2025 Schadensersatzansprüche durchsetzen:
VW Amarok, Beetle, Caddy, Eos, Golf, Jetta, Passat, Polo, Scirocco, Sharan, Tiguan, Touran |
5 |
1,2 ; 1,6 ; 2,0 Liter |
Dabei ist irrelevant, ob Sie Ihr Fahrzeug seitdem weiterverkauft haben: Auch dafür können Sie Schadensersatz fordern.
Welche gerichtlichen Urteile stützen die Verjährung nach 10 Jahren bei Verfahren gegen VW im Abgasskandal?
Wir haben bereits zahlreiche erfolgreiche erstinstanzliche Urteile an Landgerichten (LG) erstritten, die den Restschadensersatzanspruch bestätigen. Dazu gehört beispielsweise ein Urteil des LG Bayreuths (Az. 21 O 392/20) vom 18. März 2021. Bei dem Streitfahrzeug handelte es sich um einen 2015 für 19.900 Euro gebraucht gekauften VW Passat mit dem Motor des Typs EA189 und der Abgasnorm EU 5. VW machte vor Gericht die Verjährung geltend und behauptete, dass auch nach § 852 BGB kein Anspruch bestünde.
Doch das Gericht schloss sich dieser Aussage nicht an. Die Richter:innen urteilten, dass die zehnjährige Verjährungsfrist des Restschadensersatzanspruchs noch nicht abgelaufen war. VW wurde verurteilt, dem Kläger 9.334,62 Euro nebst Zinsen zu zahlen.
Neben den zahlreichen Urteilen an Landgerichten gibt es inzwischen auch fünf Oberlandesgerichte, die eine Verjährung nach 10 Jahren bestätigen. Unter anderem das OLG Oldenburg (Az.: 12 U 161/20) und auch das OLG Stuttgart (Az. 10 339/20) erkannten bereits den Restschadensersatzanspruch nach § 852 BGB an.
Dabei ist irrelevant, ob Sie Ihr Fahrzeug seitdem weiterverkauft haben: Auch dafür können Sie Schadensersatz fordern.
Sie müssen keinen bindenden Anwaltsvertrag eingehen oder unvorhergesehene Kosten fürchten: Unsere Erstberatung ist kostenfrei und unverbindlich. Lassen Sie Ihren individuellen Fall auf Schadensersatzchancen prüfen.
Beitrag geprüft von
Rechtsanwalt Philipp Caba**
Philipp Caba ist ein erfahrener Rechtsanwalt mit Schwerpunkt auf Zivil-, Bank- und Versicherungsrecht. Er studierte in Deutschland und Schweden und ist Geschäftsführer der Gansel Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.
* Angestellte Anwälte, ** Geschäftsführer, *** Freischaffende Rechtsanwälte