Kündigung wegen Drogenkonsums
- Auch wenn der Drogenkonsum in der Freizeit stattfand: Hält der Zustand des Rausches noch in der Arbeitszeit an, so ist das ein Grund für eine (gegebenenfalls sogar fristlose) Kündigung.
- Lesen Sie hier, was einem Berliner Busfahrer zum Verhängnis wurde, unter welchen Umständen Sie wegen des Konsums von Rauschmitteln gekündigt werden können und welche Schritte Sie einleiten sollten, wenn Ihnen die Kündigung wegen Drogenkonsums droht.
- Erfahren Sie weiterhin, unter welchen Bedingungen ein Arbeitgeber einen Drogentest vorschreiben kann und welche Rechte Sie haben.
Konflikte am Arbeitsplatz können eine echte Belastung sein. Besonders eine Kündigung bedeutet purer Stress. Wir erklären, warum es sich dabei lohnt, einen Anwalt zu konsultieren und so auf Augenhöhe mit dem Arbeitgeber verhandeln zu können.
Einfluss von Drogenkonsum auf die Arbeitswelt
Im Jahr 2015 haben 14,4 Millionen Erwachsene illegale Drogen eingenommen, unter den Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren waren es 479.000 Personen. Die Zahl der Drogentoten steigt seit 2012 (944 Personen) kontinuierlich an, auf 1.333 im Jahr 2016.
Aufgrund dieser Zahlen bleibt es nicht aus, dass der Konsum von Drogen oder Rauschmitteln auch Einfluss auf die Arbeitswelt hat. Davon abgesehen, dass der Handel und Besitz illegaler Drogen verboten ist, bleibt es eine Tatsache, dass illegale Drogen konsumiert werden. Und hier kommen wir zu einer Kuriosität des deutschen Rechts: Während der Besitz von illegalen Drogen strafbar ist, bleibt der Eigenkonsum dieser Substanzen erlaubt. Der Joint in Ihrer Tasche ist daher ein strafbarer Besitz von Drogen. Allein die Tatsache, dass der Wirkstoff THC (Tetrahydrocannabinol) aus dem Joint im Blut nachgewiesen werden kann, erfüllt jedoch keinen Straftatbestand. Was bedeutet das nun für Sie als Arbeitnehmer? Einem Arbeitnehmer kann die außerordentliche Kündigung drohen, wenn er während seiner Arbeitszeit Drogen konsumiert oder noch unter dem Einfluss von Drogen steht. Wie kann es dazu kommen, wenn doch der Konsum einer Droge wie Marihuana gerade nicht strafbar ist? Die besondere Gefährdung des Arbeitnehmers selbst und die damit einhergehende Gefährdung anderer gibt dem Arbeitgeber diese Möglichkeit. Dem Arbeitgeber ist es nicht zuzumuten, die Sicherheitsgefährdung durch Drogenkonsum einfach hinzunehmen. Kann der Arbeitgeber nachweisen, dass der Arbeitnehmer unter dem Einfluss von Rauschmitteln steht und sich und andere gefährdet, kann das eine (fristlose) Kündigung begründen. Dabei spielt es keine Rolle, wann die Rauschmittel genommen wurden – ob in der Freizeit oder sogar während der Arbeitszeit. Hier ist entscheidend, dass der Arbeitnehmer noch immer unter dem Einfluss von Rauschmitteln steht und eine Gefährdung von ihm ausgehen kann. In der Regel erhalten Arbeitnehmer in diesen Fällen eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung, der eine ordnungsgemäße Abmahnung vorausging. Soweit eine Drogenabhängigkeit besteht, kann hingegen eine krankheitsbedingte Kündigung in Frage kommen. In besonderen Fällen, droht sogar die sofortige fristlose Kündigung.
Beispiel aus der Praxis
Kündigung wegen Drogenkonsums: Der Fall aus der Praxis
Dass sich der Drogenkonsum negativ auf sein Arbeitsverhältnis auswirken könnte, hat ein Busfahrer aus Berlin erlebt. Seine Fahrgäste hatten nämlich die Polizei gerufen, weil ihnen die unkontrollierte Fahrweise aufgefallen war. Die herbeigerufenen Polizisten stoppten den Bus und führten einen Drogenschnelltest durch. Die Beamten mussten feststellen, dass der Busfahrer unter Kokaineinfluss stand. Die BVG als Arbeitgeber des Mannes suspendierte ihn zuerst und sprach ihm danach die außerordentliche, fristlose Kündigung aus. Der Busfahrer erhob eine Kündigungsschutzklage. Die Richter entschieden, dass die außerordentliche, also die fristlose Kündigung des Busfahrers wirksam war. Es bestand der schwerwiegende Verdacht auf eine strafbare Handlung, nämlich der des Fahrens im Zustand der Fahruntauglichkeit. Dieser Verdacht war hier als Grund für eine außerordentliche Kündigung ausreichend (Arbeitsgericht Berlin, 21.11.2012, Az.31 Ca 13626/12).
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Drogenkonsum: Darf der Arbeitgeber einen Drogentest anordnen?
Grundsätzlich darf der Arbeitgeber von Ihnen keinen Bluttest verlangen, um zu prüfen, ob Sie unter Einfluss von Suchtmitteln stehen. Dies würde Ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit verletzen. Auch wenn es einen Betriebsarzt gibt, der regelmäßig die Gesundheit der Mitarbeiter beurteilt, ergibt sich daraus kein Recht, auch einen Drogentest beliebig vorzunehmen. In einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) aus dem Jahr 1999 heißt es: "Ein Arbeitnehmer ist regelmäßig nicht verpflichtet, im laufenden Arbeitsverhältnis routinemäßigen Blutuntersuchungen zur Klärung, ob er alkohol- oder drogenabhängig ist, zuzustimmen.“ (2 AZR 55/99)
Der Arbeitgeber darf jedoch Drogenscreenings unter bestimmten Auflagen verlangen. Hier ist immer darauf zu achten, auf welcher Grundlage der Test verlangt bzw. angeordnet wird. Wird der Drogentest zur Einhaltung eines Rauschmittelverbots angeordnet, damit der Arbeitgeber seiner Pflicht nachkommt, "Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, für die Verhütung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren" zu ergreifen, dann ist der Arbeitnehmer zur Mitwirkung verpflichtet (§21 SGB VII).
Der Arbeitnehmer ist auch immer dann zur Mitwirkung verpflichtet, wenn für seine Berufsgruppe gesonderte Regelungen existieren. Davon sind zum Beispiel Piloten, bewaffnete Wachleute, Gerüstbauer oder Mitarbeiter an schwerem Gerät betroffen. Auch Berufssportler sind verpflichtet zur Kontrolle und Bekämpfung von Doping eine Urinprobe abzugeben – sowohl bei Trainingseinheiten als auch bei Wettkämpfen. Die Abgabe einer Blutprobe ist in Deutschland freiwillig (AntiDopG).
Der Arbeitnehmer muss darüber aufgeklärt werden, welche Parameter untersucht werden. Nur, weil ein Mitarbeiter einem Bluttest zustimmt, bedeutet das für den Arbeitgeber keinen Freifahrtschein. Bestimmte Untersuchungen, wie zum Beispiel genetische Analysen, sind weiterhin tabu. Der Betriebsarzt muss dem Arbeitnehmer also genau erklären, auf welche Rückstände sein Blut oder Urin getestet wird und was damit nachgewiesen werden soll.
Die Voraussetzungen für Drogenscreenings durch einen Betriebsarzt in Kürze:
- Für den Betrieb muss ein ausdrückliches Suchtmittelverbot gelten.
- Es muss für die routinemäßigen Screenings oder Tests eine Rechtsgrundlage geben, zum Beispiel eine Betriebsvereinbarung, eine Klausel im Arbeits- oder Tarifvertrag oder eine gesetzliche Bestimmung bei bestimmten Berufsgruppen.
- Für den Drogentest muss es einen konkreten Verdacht geben, wenn es keine anderweitige rechtliche Grundlage für regelmäßige Drogentests gibt.
- Der Bezug zur ausgeübten Tätigkeit muss gegeben sein: Der Mitarbeiter muss eine Tätigkeit mit hohem Gefahrenpotential ausführen oder zu einer Berufsgruppe gehören, denen gesetzliche Bestimmungen einen Test auferlegen.
- Will der Arbeitgeber für alle Angestellten Drogentest anordnen, so muss er den Betriebsrat mit einbinden, wenn einer vorhanden ist und es keine tariflichen Regelungen zu Alkohol- und Drogentests gibt (§87 Absatz 1, Nr. 1 und 7 BetrVG).
- Der Betriebsarzt unterliegt wie jeder andere Arzt der Schweigepflicht. Erfährt er jedoch durch seine Tätigkeit, dass ein Mitarbeiter wegen seines Drogenkonsums eine Gefahr für sich und andere ist, so darf der Betriebsarzt dem Arbeitgeber nur berichten, dass der Mitarbeiter für den Arbeitsplatz nicht geeignet bzw. nur eingeschränkt geeignet ist.
Darf der Arbeitgeber Drogentests durchführen?
Unter gewissen Voraussetzungen darf der Arbeitgeber Alkohol- und Drogentests durchführen – auch stichprobenartig. Dabei darf nur getestet werden, ob Sie im Dienst unter dem Einfluss von Drogen stehen. Es darf nicht in einer Art und Weise getestet werden, dass eine Kontrolle Ihres Privatlebens erfolgt. Soweit die Theorie. Rein praktisch gesehen wird jedoch ein Mitarbeiter, der über das Jahr verteilt öfter stichprobenartig getestet werden darf, in seinem privaten Konsum beschnitten. Da die Abbauprodukte vieler Drogen noch Tage später im Blut oder Urin nachzuweisen sind, kommt ein Alkohol- und Rauschmittelverbot im Dienst einem solchen im Privatleben gleich. Denn der Arbeitnehmer kann gegebenenfalls auch unangekündigt zum nächsten Screening gebeten werden.
Was sollten Sie tun bei einer Kündigung wegen Drogenkonsums?
Sprechen Sie mit Ihrem Arbeitgeber. Zeigen Sie sich einsichtig und bieten Sie an, sich professionelle Hilfe zu holen. Unter Umständen sollten Sie einen Entzug in Betracht ziehen. Finden Sie heraus, ob Ihr Unternehmen Programme zur Wiedereingliederung nach einem erfolgreichen Entzug anbietet. Sollte ein Schaden entstanden sein, bieten Sie an, diesen zu begleichen. Erkundigen Sie sich, welche Präventionsmaßnahmen Ihr Arbeitgeber anbietet und nutzen Sie diese. Vielleicht gibt es auch einen speziellen Ansprechpartner im Betrieb, der Ihnen bei der Bewältigung Ihres Suchtproblems Hilfen aufzeigen kann.
Je nach Branche, in der Sie arbeiten, muss Ihnen klar sein, dass eine Kündigung wegen Drogenkonsums für Sie das berufliche Aus bedeuten kann. Versuchen Sie daher einen Aufhebungsvertrag mit Ihrem Arbeitgeber zu schließen, um zu vermeiden, dass offiziell wird, dass Sie wegen Drogenkonsums gekündigt wurden.
Welchen Einfluss hat der Arbeitgeber auf meinen Drogenkonsum in der Freizeit?
Drogenkonsum am Arbeitsplatz wird in den meisten Fällen nicht toleriert. Auch bei Alkohol sind die Arbeitgeber im Laufe der Jahre immer strenger geworden, weil Alkoholkonsum zu einem erheblichen Anteil an Arbeitsunfällen und -ausfällen führt.
Was Sie in Ihrer Freizeit machen, geht den Arbeitgeber an sich nichts an – auch nicht, ob Sie Alkohol trinken oder Drogen nehmen. Anders sieht es allerdings aus, wenn Ihre Freizeitgestaltung Auswirkungen auf Ihre Arbeitszeit hat. Wenn Sie also am Wochenende exzessiv Alkohol getrunken haben und am Montag noch immer nicht arbeitsfähig sind, dann können Sie unter Umständen eine Gefahr für sich und andere darstellen. Insofern hätte Ihr privater Alkohol- oder Drogenkonsum Einfluss auf Ihre Fähigkeit, Ihren arbeitsvertraglichen Pflichten nachzukommen: Das heißt, Sie können Ihre Arbeit nicht ausführen. Das kann zum Beispiel dann ein Kündigungsgrund sein, wenn Sie einen Job haben, bei dem Sie in einem sicherheitsrelevanten Bereich arbeiten. So erging es einem Gleisbauer der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), der in seiner Freizeit Cannabis geraucht hatte. Der Betriebsarzt hatte beim Drogenscreening bei dem Mann erhöhte Werte des Cannabis-Abbauprodukts THC (Tetrahydrocannabinol) festgestellt. Mit den Ergebnissen konfrontiert, gab der Gleisbauer zu, in der Freizeit am Wochenende Cannabis zu konsumieren. Darauf folgte die fristlose Kündigung. Diese hatte zwar aus formalen Gründen keinen Bestand vor Gericht, weil die BVG die Kündigung ausgesprochen hatte, ohne den Personalrat einzubeziehen. Die Richter des Landesarbeitsgerichts Berlin Brandenburg urteilten aber trotzdem, dass der Mann nicht weiter beschäftigt werden musste. Da er in einem sicherheitsrelevanten Bereich arbeitete, stellte der Drogenkonsum ein Sicherheitsrisiko dar, das man nicht allein dem Arbeitgeber aufbürden könne, urteilten die Richter (19 Sa 306/12). Hat der Arbeitgeber den Verdacht, dass Sie unter Drogen oder Alkohol stehen, muss er dies beweisen. Er hat allerdings keine Möglichkeit, Sie zu einem Test zu zwingen, wenn es keine Betriebsvereinbarung oder eine andere rechtliche Grundlage dazu gibt.
Merken Sie sich daher am besten: Ihre Freizeit ist Ihre private Angelegenheit. Der Arbeitgeber hat kein Recht, auf die Freizeitgestaltung Einfluss zu nehmen. Arbeiten Sie jedoch in einem Bereich, in dem auch unangekündigte Drogentests vom Arbeitgeber durchgeführt werden dürfen, dann sollten Sie auch in der Freizeit den Drogenkonsum lieber sein lassen. Das klassische Zwei-Tage-Wochenende ist nämlich zu kurz, damit am Montagmorgen ein Drogentest erfolgreich bestanden werden kann. Die Abbauprodukte vieler Rauschmittel sind noch bis zu vier Tage nach dem Konsum im Blut nachweisbar. Das wiederum kann auf jeden Fall eine arbeitsrechtliche Konsequenz haben: Eine Abmahnung oder sogar eine Kündigung kann Ihnen dann drohen.
Kann auch Alkohol am Arbeitsplatz zu einer Kündigung führen?
Auch der Konsum von Alkohol kann zu einer fristlosen Kündigung führen. Bei Berufen im sicherheitsrelevanten Bereich, bei denen ein absolutes Alkoholverbot gilt, müssen Sie mit einer sofortigen Kündigung rechnen, wenn Sie bei der Arbeit unter Alkoholeinfluss stehen. Alkoholkonsum während der Pausen ist demnach auch strengstens verboten. Eine fristlose Kündigung ohne vorausgehende Abmahnung kann daher auch schon bei geringen Alkoholmengen gerechtfertigt sein. Von Alkohol abhängige Arbeitnehmer können jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen gekündigt werden. Ihnen muss der Arbeitgeber die Möglichkeit geben, mit Hilfe einer Therapie, das suchthafte Trinkverhalten zu überwinden. Im folgenden Artikel erfahren Sie ausführlich, wann eine Kündigung wegen Alkoholkonsums eine Kündigung nach sich ziehen kann und mit welchen Folgen Sie als Arbeitnehmer rechnen müssen.
Lesen Sie hier mehr dazu: Kündigung wegen Alkohol am Arbeitsplatz
Welche Pflichten hat der Arbeitgeber diesbezüglich gegenüber seinem Arbeitnehmer?
Der Arbeitgeber wird im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verpflichtet, den Arbeitsplatz so sicher wie möglich zu gestalten. Dazu sind ihm diverse Vorschriften und Pflichten auferlegt worden, wie zum Beispiel die Begutachtung von Arbeitsplätzen und die Dokumentation von Risiken oder Gefahren. Wenn es Arbeitsplätze mit einem besonderen Gefahrenpotential gibt, muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer dementsprechend einweisen. Auch ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitnehmer so wenig wie möglich suchtauslösenden Substanzen auszusetzen. Darüber hinaus gibt es vielerlei Maßnahmen, die ein Arbeitgeber freiwillig ergreifen kann. So ist die Gesundheitsförderung im Betrieb durch Informationsveranstaltungen oder Sportkurse möglich. Hier ist das Stichwort: Betriebliches Gesundheitsmanagement. Neben Veranstaltungen, die das Bewusstsein für eine gesunde Verhaltensweise schärfen, sollten Mitarbeiter auch sensibilisiert und befähigt werden, erste Anzeichen einer Sucht zu erkennen.
Beitrag geprüft von
Rechtsanwalt Philipp Caba**
Philipp Caba ist ein erfahrener Rechtsanwalt mit Schwerpunkt auf Zivil-, Bank- und Versicherungsrecht. Er studierte in Deutschland und Schweden und ist Geschäftsführer der Gansel Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.
* Angestellte Anwälte, ** Geschäftsführer, *** Freischaffende Rechtsanwälte